Innere und äußere Nachhaltigkeit
Ansätze zu ökologischen Veränderungen moderner Wirtschaft und Gesellschaft werden hauptsächlich hinsichtlich ihrer materiellen Dimension betrachtet. Moralische Appelle fordern zu mehr Nachhaltigkeit auf. Aber warum funktionieren sie trotz des WISSENS nicht? Um etwas zu verändern, "muss es uns unter die Haut gehen“ - wie der Hirnforscher Gerald Hüther es sagt. - Und dies, so wussten schon die antiken griechischen Philosophen geht nur mit einer Bildung unseres Seelenlebens im Einklang mit unserem Geist. Die postmoderne Gesellschaft leidet an einer chronischen kollektiven Abspaltung von sich selbst. Emotionen und Gefühle wollen nicht gefühlt werden. Sie sind jedoch der Kern dessen, der berührt werden muss, damit echte Transformation geschehen kann. Erst wenn der Mensch lernt mit seiner inneren Natur achtsam umzugehen, wird er es auch mit der äußeren. M. Hosang verbindet dies in in seinem Projekt "Materielle Lebensqualität und seelische Lebensintensität".
Dr. phil. Gabriele Sigg
Spirituelle Dimension von Nachhaltigkeit
Seit 25 Jahren schaue ich trotz erfolgreichen Engagements bei der kommunanlen Nachhaltigkeitstransformation (z.B. www.zukunftskommunen.de) recht fassungslos zu, wie derweil die CO2 Emissionen global weiter steigen, der Boden weiter degradiert wird, die Schere bei der Verteilung von Ressourcen weiter auseinandergeht...
Daher scheinen mir neue Ansätze seitens der Forschung nötig, welche in den 10 Feldern nur berührt, aber nicht explizit fokussiert werden: Die Untersuchung, welche Alternativen es zum derzeitigen Finanzsystem sowie Wirtschafts-Wachstumsparadigma gibt, da mir letztere nicht mit Nachhaltigkeit kompatibel scheinen. Im Kern scheinen mir für eine erfolgreiche Transformation bislang kaum beleuchtete menschliche Potentiale zu liegen, welche die spirituelle Dimension unseres Seins betreffen, und die von der Tiefenökologie ansatzweise behandelt werden.
Der von Herrn Hosang formulierte Ansatz könnte diese Dimension bereichern.
Prof. Dr. Peter Schmuck, Universität Göttingen
Materielle Lebensqualität und seelische Lebensintensität
Es ist schön dass so ein offener Dialog über zentrale Forschungsthemen der Zukunft stattfindet.Aus meiner Sicht als Sozial- und Kulturwissenschaftlerin gehen die bisher gesetzten Themen jedoch nicht weit genug.
Was fehlt ist eine inter- und transdisziplinäre Forschung zu tiefenkulturellen Ursachen nichtnachhaltiger Systemzwänge bzw. Pfadabhängigkeiten.
Daher unterstütze ich den von Maik Hosang eingereichten Vorschlag, ein weiteres Thema mit dem Arbeitstitel "Materielle Lebensqualität und seelische Lebensintensität" als zentrales Thema der Nachhaltigkeitsforschung zu setzen.
Dieser Vorschlag würde auch das Plädoyer der Kollegin aus Kassel nach Berücksichtigung der inneren Dimension perfekt umsetzen.
Prof. Dr. Annette Dassi, Hochschule Zittau/Görlitz
Innere Dimensionen berücksichtigen
Vielen Dank, dass Sie zu Kommentar einladen. Als Kulturwissenschaftlerin fehlt mir unter den genannten 10 Themen der Fokus auf die "innere" bzw. psychologische, anthropologische, tiefenökologische Dimension, an der m.E. die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft immer wieder scheitert. Wie können wir Haltungen, Bewusstsein u. Gewohnheiten in der Tiefe verändern? Was sind erfüllende Alternativen? Welche Werte u. Praktiken sind für eine Neudefinition von Lebensqualität tragfähig? Wie können menschl. Wachstumsimpulse über immaterielle Wege befriedigt werden? Wie können wir Bildung so gestalten, dass hier "Postwachstums-Verhalten" gelebt und eingeübt wird? - Zur Theoriebildung und Beantwortung solcher Fragen braucht es eine interdisziplinäre Forschung, die Wirtschafts-, Sozial-, Human- und Geisteswissenschaften verbindet u. existierende Ausgangsmodelle (Unternehmen, Bildungsprojekte, kulturkreative Milieus) und deren Brüche zum Bestehenden empirisch untersucht.
IMBA, Uni Kassel