Im Folgenden geben wir einen Ausschnitt aus der Forschungslandkarte für eine Postwachstumsgesellschaft im Hinblick auf den Bereich Arbeit und Erwerbsarbeit wieder, der im Buch „Postwachstumsgesellschaft. Konzepte für die Zukunft“, 2010 (Hrsg. Irmi Seidl, Angelika Zahrnt, S. 229ff) abgedruckt ist. Da die Forschungsfragen nach unserer Beobachtung weiterhin aktuell sind, reichen wir sie zur Erweiterung des Themenvorschlags Vorsorgendes Arbeiten aus einer Postwachstumsperspektive ein. Dem folgen Forschungsfragen zu Steuern, Abgaben und öffentlichem Haushalt

„Erwerbsarbeit wird auch in einer Postwachstumsgesellschaft eine zentrale Rolle im Leben der Menschen und ihrer Existenzsicherung einnehmen. Zugleich wird und muss im Sinne einer Tätigkeitsgesellschaft eine stärkere Verzahnung mit anderen Formen von Arbeit (Familien-, Freiwilligen-, Eigenarbeit) stattfinden.
Um einen breiteren und damit gerechteren Zugang zu Erwerbsarbeitsmöglichkeiten zu schaffen, ist die vorhandene Erwerbsarbeit auf mehr Menschen zu verteilen. Dazu braucht es auf Unternehmensebene grundlegende und begleitende Forschung über Strukturen und Modelle für reduzierte Arbeitszeit (Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit und ihre Verrechnung) und über diesbezügliche Anreizsysteme. Solche Anreizsysteme können z.B. in Steueranreizen bestehen oder in der Umgestaltung des Lohn- und Beförderungssystems. Dabei sind auch genderspezifische Widerstände bzw. Präferenzen sowie das Primat von Erwerbsarbeit gegenüber anderen Kategorien von Arbeit zu untersuchen. Wichtig im Zusammenhang mit verringerter individueller Erwerbsarbeit sind die Auswirkungen auf die Sozialversicherungssysteme und die Frage des Lohnausgleiches: Welchen Lohnausgleich braucht es, um Reduktionen der Erwerbsarbeit sozial verträglich zu gestalten? Ein Verteilen der vorhandenen Erwerbsarbeit auf mehr Menschen erfordert, dass die nötigen Qualifikationen vorhanden sind. Wie kann das nötige Qualifikationsniveau erreicht werden? Hierzu ist eine kritische Evaluation von Integrationsmaßnahmen und berufsqualifizierender Ausbildung nötig. Wie schaffen es die Länder in Skandinavien und die Schweiz, eine hohe Beteiligung am Arbeitsmarkt zu erreichen?
Da in einer Postwachstumsgesellschaft der Umfang wirtschaftlicher Aktivität stärker variieren könnte als jetzt, sind Maßnahmen zu entwickeln, wie gleichwohl Stabilität auf dem Arbeitsmarkt gesichert werden kann (z.B. analog zum Kurzarbeitergeld) bzw. wie eine schnelle Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt möglich wird. Zu untersuchen ist auch, ob eine – und wenn ja: was für eine – aktive Nachhaltigkeitspolitik wirtschaftsstabilisierend wirken kann.
Für die Sicherung der Altersversicherungssysteme wird häufig eine Ausdehnung der Lebensarbeitszeit gefordert. Eine andere Position besagt, dass es auch bei alternder Bevölkerung und verringertem bzw. ausbleibendem Wachstum keinen Sachzwang zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit gibt, sondern es um Verteilung geht: Wie kann es in reichen Gesellschaften gelingen, die nicht erwerbstätige Bevölkerung (Rentnerinnen und Rentner, Kinder, Erwerbsarbeitslose) aus dem hohen Sozialprodukt ausreichend zu versorgen? In jedem Fall ist zu untersuchen, ob eine generelle Erhöhung der Lebensarbeitszeit nötig ist oder eine flexible Ausdehnung für diejenigen, die länger arbeiten wollen, ausreicht. Wie sind Unternehmensstrukturen zu gestalten und Unternehmenskulturen zu entwickeln, um ältere Menschen im Erwerbsarbeitsbereich zu beschäftigen, und wie kann lebenslanges Lernen gefördert werden? Wie kann die Forderung nach verringerter Erwerbsarbeitszeit und verlängerter Lebensarbeitszeit vereinbart werden?
Die Orientierung am Wachstum und damit einhergehend an Effizienz hat in der Arbeitswelt eine Arbeitsverdichtung und Standardisierung bewirkt, die die Gesundheit der Erwerbstätigen beeinträchtigt. Welche Arbeitsformen, welche Arbeitsorganisation, welche Tätigkeiten und Fähigkeiten und welches Tempo sind geeignet, damit Menschen in ihrer Arbeit Sinn und Zufriedenheit finden? Die immaterielle Befriedigung bei der Erwerbsarbeit ist in einer Postwachstumsgesellschaft noch wichtiger als bisher, da es für Erhöhungen des Erwerbseinkommens weniger Spielraum geben wird.
Weiter ist zu untersuchen, welche Strukturen aufgebaut werden können, um Lebenszeit über die Erwerbsarbeitszeit hinaus produktiv, individuell befriedigend und gesellschaftlich gewinnbringend zu gestalten. Wie können Freiwilligenarbeit, Eigenarbeit, Subsistenzarbeit und bürgerschaftliches Engagement für eine Mehrheit der Bevölkerung zugänglich gemacht werden, wie können entsprechende Strukturen finanziert werden und wie kann das Verhältnis von Staat und privater Initiative dabei aussehen? Mit welchen Anreizen kann eine Beteiligung an diesen Formen der Arbeit gefördert werden und welche Möglichkeiten bestehen, Nichterwerbsarbeit in die soziale Sicherung einzubauen?“ (Seidl / Zahrnt 2010, S. 230-32).

Ein weiterer wichtiger Fragenbereich sind die Besteuerung des Faktors Arbeit und die Sozialabgaben. Wie oben angedeutet, führt das aktuelle Steuer- und Abgabensystem zu einem ständigen Anreiz, die Arbeitsproduktivität zu erhöhen, wobei Wachstum die wegfallenden Arbeitsplätze kompensieren soll. Zentral ist deshalb zu untersuchen, welche anderen Steuern- und Abgabensysteme denkbar sind, die den Druck auf Arbeitseffizienzerhöhungen abschwächen bzw. welch anderen staatlichen Einnahmequellen denkbar sind, um die Steuer- und Abgabenlast zu verringern (Ökologische Steuerreform, Finanztransaktionssteuer, Bit- bzw. Maschinensteuer).

Schliesslich ist auch zu fragen, ob die oben angedeuteten gesellschaftlichen Veränderungen (Arbeitszeitverkürzung, größere Vielfalt an Tätigkeiten…) die staatlichen Ausgaben verringern können – sei es im Gesundheitswesen (durch einen besseren Gesundheitszustand auf Grund von mehr Vorsorge und weniger Stress) oder bei sozialen Aufgaben (die teilweise im informellen Bereich geleistet werden)

„Erwerbsarbeit wird auch in einer Postwachstumsgesellschaft eine zentrale Rolle im Leben der Menschen und ihrer Existenzsicherung einnehmen. Zugleich wird und muss im Sinne einer Tätigkeitsgesellschaft eine stärkere Verzahnung mit anderen Formen von Arbeit (Familien-, Freiwilligen-, Eigenarbeit) stattfinden.
Um einen breiteren und damit gerechteren Zugang zu Erwerbsarbeitsmöglichkeiten zu schaffen, ist die vorhandene Erwerbsarbeit auf mehr Menschen zu verteilen. Dazu braucht es auf Unternehmensebene grundlegende und begleitende Forschung über Strukturen und Modelle für reduzierte Arbeitszeit (Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit und ihre Verrechnung) und über diesbezügliche Anreizsysteme. Solche Anreizsysteme können z.B. in Steueranreizen bestehen oder in der Umgestaltung des Lohn- und Beförderungssystems. Dabei sind auch genderspezifische Widerstände bzw. Präferenzen sowie das Primat von Erwerbsarbeit gegenüber anderen Kategorien von Arbeit zu untersuchen. Wichtig im Zusammenhang mit verringerter individueller Erwerbsarbeit sind die Auswirkungen auf die Sozialversicherungssysteme und die Frage des Lohnausgleiches: Welchen Lohnausgleich braucht es, um Reduktionen der Erwerbsarbeit sozial verträglich zu gestalten? Ein Verteilen der vorhandenen Erwerbsarbeit auf mehr Menschen erfordert, dass die nötigen Qualifikationen vorhanden sind. Wie kann das nötige Qualifikationsniveau erreicht werden? Hierzu ist eine kritische Evaluation von Integrationsmaßnahmen und berufsqualifizierender Ausbildung nötig. Wie schaffen es die Länder in Skandinavien und die Schweiz, eine hohe Beteiligung am Arbeitsmarkt zu erreichen?
Da in einer Postwachstumsgesellschaft der Umfang wirtschaftlicher Aktivität stärker variieren könnte als jetzt, sind Maßnahmen zu entwickeln, wie gleichwohl Stabilität auf dem Arbeitsmarkt gesichert werden kann (z.B. analog zum Kurzarbeitergeld) bzw. wie eine schnelle Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt möglich wird. Zu untersuchen ist auch, ob eine – und wenn ja: was für eine – aktive Nachhaltigkeitspolitik wirtschaftsstabilisierend wirken kann.
Für die Sicherung der Altersversicherungssysteme wird häufig eine Ausdehnung der Lebensarbeitszeit gefordert. Eine andere Position besagt, dass es auch bei alternder Bevölkerung und verringertem bzw. ausbleibendem Wachstum keinen Sachzwang zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit gibt, sondern es um Verteilung geht: Wie kann es in reichen Gesellschaften gelingen, die nicht erwerbstätige Bevölkerung (Rentnerinnen und Rentner, Kinder, Erwerbsarbeitslose) aus dem hohen Sozialprodukt ausreichend zu versorgen? In jedem Fall ist zu untersuchen, ob eine generelle Erhöhung der Lebensarbeitszeit nötig ist oder eine flexible Ausdehnung für diejenigen, die länger arbeiten wollen, ausreicht. Wie sind Unternehmensstrukturen zu gestalten und Unternehmenskulturen zu entwickeln, um ältere Menschen im Erwerbsarbeitsbereich zu beschäftigen, und wie kann lebenslanges Lernen gefördert werden? Wie kann die Forderung nach verringerter Erwerbsarbeitszeit und verlängerter Lebensarbeitszeit vereinbart werden?
Die Orientierung am Wachstum und damit einhergehend an Effizienz hat in der Arbeitswelt eine Arbeitsverdichtung und Standardisierung bewirkt, die die Gesundheit der Erwerbstätigen beeinträchtigt. Welche Arbeitsformen, welche Arbeitsorganisation, welche Tätigkeiten und Fähigkeiten und welches Tempo sind geeignet, damit Menschen in ihrer Arbeit Sinn und Zufriedenheit finden? Die immaterielle Befriedigung bei der Erwerbsarbeit ist in einer Postwachstumsgesellschaft noch wichtiger als bisher, da es für Erhöhungen des Erwerbseinkommens weniger Spielraum geben wird.
Weiter ist zu untersuchen, welche Strukturen aufgebaut werden können, um Lebenszeit über die Erwerbsarbeitszeit hinaus produktiv, individuell befriedigend und gesellschaftlich gewinnbringend zu gestalten. Wie können Freiwilligenarbeit, Eigenarbeit, Subsistenzarbeit und bürgerschaftliches Engagement für eine Mehrheit der Bevölkerung zugänglich gemacht werden, wie können entsprechende Strukturen finanziert werden und wie kann das Verhältnis von Staat und privater Initiative dabei aussehen? Mit welchen Anreizen kann eine Beteiligung an diesen Formen der Arbeit gefördert werden und welche Möglichkeiten bestehen, Nichterwerbsarbeit in die soziale Sicherung einzubauen?“ (Seidl / Zahrnt 2010, S. 230-32).

Ein weiterer wichtiger Fragenbereich sind die Besteuerung des Faktors Arbeit und die Sozialabgaben. Wie oben angedeutet, führt das aktuelle Steuer- und Abgabensystem zu einem ständigen Anreiz, die Arbeitsproduktivität zu erhöhen, wobei Wachstum die wegfallenden Arbeitsplätze kompensieren soll. Zentral ist deshalb zu untersuchen, welche anderen Steuern- und Abgabensysteme denkbar sind, die den Druck auf Arbeitseffizienzerhöhungen abschwächen bzw. welch anderen staatlichen Einnahmequellen denkbar sind, um die Steuer- und Abgabenlast zu verringern (Ökologische Steuerreform, Finanztransaktionssteuer, Bit- bzw. Maschinensteuer).

Schliesslich ist auch zu fragen, ob die oben angedeuteten gesellschaftlichen Veränderungen (Arbeitszeitverkürzung, größere Vielfalt an Tätigkeiten…) die staatlichen Ausgaben verringern können – sei es im Gesundheitswesen (durch einen besseren Gesundheitszustand auf Grund von mehr Vorsorge und weniger Stress) oder bei sozialen Aufgaben (die teilweise im informellen Bereich geleistet werden).

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