Weiterer Forschungsbedarf besteht in diesem Kontext insbesondere in folgenden Themenfeldern:
1. Vergleichende Institutionenforschung zu länderspezifischen Ansätzen, die besonders erfolgreich darin waren, dem Ziel des klimaneutralen Gebäudebestands näher zu kom-men und dazu einen innovationsoffenen und dynamischen Regulationsrahmen für Kli-maneutralität im Gebäudebereich entwickelt haben.
2. Modellvorhaben bieten Raum, architektonisch und bauphysikalisch kreative Lösungen zu entwickeln. Zu kombinieren sind dabei bereits durchgeführte Vorhaben, die in retro-spektiven Szenarien darauf abzuklopfen wären, welche weitergehenden Gestaltungsop-tionen man bei veränderten Rahmenbedingungen hätte realisieren können, mit konkret anstehenden Sanierungsprojekten (prospektive Erprobung).
So gibt es – vor dem Hintergrund des verbreiteten Unbehagens der Akteure, die Sanie-rungen im Bestand betreiben – bereits eine Reihe von Versuchen, auch unter dem gel-tenden Regelwerk neue Wege zu beschreiten (so etwa bei der Sanierung des Woh-nungsbestandes der Deutschen Bundesbank in Frankfurt-Eschersheim, bestehend aus 27 Einzel-Objekten mit insgesamt 246 Wohneinheiten). Es bietet sich an, etwa 5-10 solcher Vorhaben auf der Basis des bereits vorhandenen Datenbestandes als fiktives Mo-dellvorhaben durchzuspielen, um aus den so entwickelten Szenarien Erkenntnisse zu gewinnen, die man in realen Modellvorhaben anschließen praktisch erproben würde. Solche Modellprojekte für Lösungen in Bestands-Quartieren könnten etwa auch passi-ve Nutzung von Solarenergie und den Einsatz von Wärmespeichern verknüpfen mit Maßnahmen, die die Wohn- und Lebensqualität für die Bewohner steigern (inkl. Monito-ring der CO2–Effekte und Zufriedenheit der Nutzenden).
In beiden Formen der Modellvorhaben zu berücksichtigen wären zudem mögliche „Rebound-Effekte“, einschließlich der Verlagerung von Problemen aus einem Hand-lungsfeld, wie dem Klimaschutz (SDG 7), auf andere Handlungsfelder, wie dem Umgang mit Chemikalien (SDG 12 mit den Stichworten „Non Toxic Environment“ und „Circular Economy“/“Ressourceneffizienz“).
3. Ausgestaltung der regulativen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf materielle und prozedurale Vorgaben zu energetischen Modernisierung des Gebäudebe-stands (etwa in Gestalt eines verbindlichen gebäudeindividuellen Sanierungsfahr-planes) und deren adressatenorientierte und bürokratiekostenfreundliche Verknüpfung mit der Förderkulisse, einschließlich eines Klimaschutzfonds, der es erlaubt, ersparte Aufwendungen künftiger Generationen schon jetzt in die klimaschutzorientierte Sanierung des Gebäudebestandes zu verlagern (Verknüpfung der o.g. regulatorischen Emp-fehlungen 1 – 4 und 6).
4. Entwicklung und Erprobung von anwenderfreundlich gestalteten elektronischen Hilfsmitteln, die es den Architekten, Handwerkern und Planern sowie Energieberatern gestatten, jenseits von „Standardlösungen“ gestalterische Alternativen im Hinblick auf ihre CO2- und sonstige Umwelt-Wirkungen verlässlich und ohne allzu großen Aufwand ab-zuschätzen. Dabei ist anzuknüpfen an die vorhandenen Routinen und Erwartungshaltun-gen, um von dort aus die Offenheit für innovative Lösungen zu erweitern und zugleich deren Vorteile für Bau- und Betriebskosten, aber auch im Hinblick auf die Raumbehag-lichkeit und die Umweltziele in einfacher Form zu visualisieren.
5. Modellvorhaben zur Aus- und Weiterbildung der in Punkt 4 genannten Berufsgruppen mit dem Ziel, einen Resonanzrahmen für „lernende Systeme“ in den jeweiligen orga-nisationalen Strukturen zu schaffen.
6. Entwicklung eines Studiengangs für den „Energieberater der Zukunft“, der in Bezug auf klimaneutrale Sanierung Kenntnisse aus Architektur, Bauphysik, Gebäudesystem-technik sowie sozialwissenschaftlicher Konsumentenforschung und Bauwirtschaft verbin-det, um anwendungsorientiert qualifizierte Energieberater hervorzubringen.

Transformationsstrategien